Dies ist die Geschichte des Zuckerbäckersohns Edgar Herbst, der zum visuellen Aufzeichner avanciert. Er notiert seine Wahrnehmungen des Aufwachsens in der Harzer Natur in der späten Nachkriegszeit und irrt auf unbestimmten Pfaden der Provinzen bis in die Metropolen Frankfurt - Hamburg - Berlin. Anerkennung suchend und Aufmerksamkeit erweckend, mit zerfleddertem Smoking und brandlöchrigem Seidenschal, selten ohne Hut, schenkt er sein Auge der gesellschaftlichen Dekadenz, übermütig in der Darstellung seines Gegenübers und seiner selbst. Aus diesem geistigen und materiellen Archiv soll - schonungslos und gleichsam von Selbstironie gezeichnet - ein Buchwerk panoptischer Fülle entstehen.
Text und Fotos — Edgar Herbst – 18.10.2022
Der Wartende in diesem ominösen Gewerbe unterliegt der inszenierten Obsession, die ihr Gipfelkreuz darin erscheinen lässt, dass in der Vorstellungskraft, in der Erwartung des Wartenden, in seinem unberechenbaren Zeitvolumen, Traum- und Phantasiebilder wachsen und wuchern, die niemals einen Landeplatz auf dem Planeten Wirklichkeit finden werden.
Ernüchtert notiere ich: Mit Eva Herzigowá werde ich keine romantische Nacht in ihrer luxeriösen Carlton-Suite in Cannes erleben, Prinz Charles wird mich nicht zur Teatime in den Buckingham Palast einladen, um das aktuelle höfische Familienportrait zu besprechen, mit Helmut Berger trinke ich mich nicht in ein melancholisches Delirium, Dennis Hopper tauscht mit mir nicht die wahre Erfahrung der unendlichen Reise eines LSD-Trips, Sophia Loren zeigt mir nicht das intime Fotoalbum ihrer Zeit mit Marcello Mastroianni, Cindy Crawford erlaubt mir keine ungeschminkten Fotografien ihres natürlichen Antlitzes, Michael Jackson führt mich nicht persönlich in das Geheimnis seines ekstatischen Moonwalkschrittes ein, und Arnold Schwarzenegger vertraut mir nicht die Rolle seines Gegenspielers im Terminator X an.
Das Warten ist ein Zeitvertreib in den geheimen Sphären erfüllungssuchender Gehirnatome. Das Herz schlägt im Takt der ureigenen Phantasmen in Ungeduld.
Dennis Hopper bei der Verleihung des «Grimme Preis» in Marl, 1999 und Sophia Loren am Opernball in Wien, 1995
Edgar Herbst
1961 nach wilder bis halsbrecherischer Slalomfahrt im Mutterleib, hochsommerliche Ankunft in der blass colorierten schwarz-weiss Kulisse des Kurortes Bad Lauterberg. Frühkindlicher Taumel durch den idylisch anmutenden Kosmos der Grossfamilie, Zuckerbäckerei, Pferdeherden, Wasser- und Schneeathleten, inmitten des Harzgebirges untermalt von Hexentanz und Geistersynphonien. Irritiert, sprachlos ob der Selbstsprengung der Familie. Erste Selbstwahrnehmung lebendigen Seins auf dem Internat Schloss Varenholz unter Gleichgesinnten in der Knospenzeit des jungen irr Wandelnden. Metropolenberührung in Frankfurt am Main, Erforschung der Großstadt mit hungrigen Augen im zwielichtigen Areal. Entdeckung der Liebe zur photographischen Aufzeichnung. Hingabevolles Wirken in der medialen Magazinwelt «Orangepress», brodelndes Labor, psychedelische Wirkstoffe und Feuerwasser fördern die Sehformel in rauschhaften Prozessen. Hamburg - Festung der bedruckten Blätter; zum Exzess beauftragt und diesen verinnerlicht. Monitäre Unüberschaubarkeiten, Flucht zum ich - Berlin! Insozialer Absturz - Clochard de luxe - Schmerz, Rausch, Schöpfen in Erschöpfung; gefühlt Ober- und Unterkante Universum, Abstinenz- statt Absinth - Belebung des Innen und Außen - im Beiboot des Dampfers die unvermeidliche Selbstironie Lebens und Sterbens. Waghalsiger Plan der Liebe einen Sockel zu kreieren - immer mit nervösem Charakter friedlicher Manie.
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