Theorie
Neues Bildmaterial für neue Raumwahrnehmungen
Text — Katrin Albrecht
Das Aufkommen von ausdrücklich dem Städtebau gewidmeter Literatur geschah parallel zu einer Reihe technischer und medialer Entwicklungen. Sie veränderten die wissenschaftliche Buch- und Zeitschriftenproduktion ebenso grundlegend wie die Wahrnehmung des architektonischen, städtischen und landschaftlichen Raums. Neue Bildmedien, Papiere, Werkzeuge, Maschinen, Druckverfahren und Reproduktionstechniken revolutionierten die Herstellung und Vervielfältigung von Abbildungen und machten sie rasch zu einem praktikablen Instrument für die Wissensvermittlung [1], gleichzeitig sorgten rationalisierte Vermessungstechniken und wissenschaftliche Methoden für die Erarbeitung neuer Grundlagen [2]. Sie führten zu neuen Ausdrucksweisen und damit auch zur Veränderung vertrauter Sehgewohnheiten [3]. Die Verbreitung von neuem Bildmaterial spielte nicht nur für die Entstehung des Städtebaus als Disziplin eine wichtige Rolle, sondern hat auch wesentlich unsere Vorstellung von Stadt und Städtebau geprägt.
Verwendung und Verbreitung von Abbildungen
Im Unterschied zu Kunstbüchern und kunsthistorischen Abhandlungen, die oft mit aufwendigen Reproduktionen von Kunstwerken versehen sind, orientieren sich Bücher zum Städtebau an der Ausstattung klassischer Architekturtraktate. Wie andere wissenschaftliche Publikationen sind sie primär auf die Vermittlung technischer, praktischer und theoretischer Inhalte ausgerichtet, Abbildungen erscheinen darin selten nur illustrativ [4].
Ihre Verwendung wurde von den Autoren sowohl quantitativ wie qualitativ höchst unterschiedlich gehandhabt. Genauso heterogen präsentieren sich die Inhalte und Darstellungsmodi: so gibt es weder einzelne Motive, noch bestimmte Bildtypen oder Maßstäbe, die als Standard in allen Städtebaubüchern vorkommen – vom Porträtbild berühmter Städtebauer über langzeitbelichtete Nachtaufnahmen von Plätzen bis hin zu handgezeichneten Skizzen, akkuraten Konstruktionszeichnungen, Flugbildaufnahmen und rudimentären Schemata ist alles zu finden. Die Abbildungen stehen fast immer in enger Verbindung zum Text, nur ausnahmsweise erscheinen sie als weitgehend autonome Wissenssysteme, wie etwa in der neunbändigen, zwischen 1901 und 1917 von Paul Schultze-Naumburg herausgegebenen Reihe «Kulturarbeiten» [5]. Er nutzte das neue Medium Fotografie seit der Jahrhundertwende als einfache, schnelle Methode der Bildherstellung. In seinen Schriften setzte er die Bilder dann gezielt als einprägsame, didaktische Form der Argumentation ein, indem er sie propagandistisch als «Beispiele» und «Gegenbeispiele» arrangierte. (Abb. 1) Diese Gegenüberstellungen hätten eine «unglaubliche Wirkung gezeitigt und bis in die Neuzeit immer dort fortgewirkt, wo der verbale Diskurs versiegte oder von vornherein unerwünscht war» [6].
Die rasch zunehmende Wichtigkeit bildlich vermittelter Inhalte verdeutlichen die drei in kurzer Folge publizierten Manuale des amerikanischen Theoretikers Charles Mulford Robinson: Nachdem er 1901 und 1903 zwei reine Textbücher publiziert hatte, sah er sich 1904 offenbar veranlasst, die Neuauflage seiner zweiten Schrift «Modern Civic Art» zu bebildern [7]. Er fügte daher in der sonst unveränderten Textvorlage 30 Bildseiten ein, fast ausschließlich Fotografien, die verschiedene Stadt- und Landschaftselemente in nordamerikanischen und europäischen Städten wiedergeben. (Abb. 2) Sein drittes, 1916 veröffentlichtes Buch «City Planning» enthielt bereits 70 Abbildungen; hinzugekommen waren nun aber vor allem Pläne und Diagramme.
Abbildungen im technischen Wandel
In den Schriften zum Städtebau versammelt sich ein breites Spektrum bildtypologischer Darstellungen: Zeichnungen nach historischen Vorlagen, Kataster, Landkarten, Stadtpläne, Platzgrundrisse, Straßenschnitte und Diagramme, ebenso Fotografien, Perspektivzeichnungen, Vogelschauen und Modellaufnahmen sowie Tabellen und Formeln. Wahl und Wirkung der Bildtypen hingen stark von der Herstellung und Reproduktion der Abbildungen ab, besonders von den Entwicklungen der Aufnahme- und Drucktechniken im 19. und 20. Jahrhundert, welche die Verfügbarkeit und Verbreitung des Bildmaterials überhaupt erst ermöglichten. Die technischen Bedingungen beeinflussten die Verwendung und Qualität von Abbildungen unmittelbar, so dass sich der Stand der aktuellsten Bilderdrucktechniken gut anhand der Publikationen nachvollziehen lässt:
Als etwa der französische Ingenieur Adolphe Alphand zwischen 1867 und 1873 sein aufwändig illustriertes, zweibändiges Werk «Les Promenades» de Paris veröffentlichte, war die Fotografie längst schon erfunden. Ihre Reproduktion in Büchern war aber sehr kostspielig und arbeitsintensiv. Zudem konnten fotografische Abbildungen noch nicht zusammen mit Lettern im Hochdruckverfahren vervielfältigt werden, sondern mussten wie Kupferstiche oder Lithographien im Tief- bzw. Flachdruck als separate Tafeln hergestellt und nachträglich eingebunden oder auf den Seiten eingeklebt werden. Alphand ließ daher den damals üblichen Praktiken folgend unzählige ausserordentlich fein gearbeitete Holzstiche von historischen Plänen, Ansichten, Perspektivzeichnungen, Vogelschauen und technischen Details anfertigen, um sie mit Textelementen kombiniert drucken zu können. Dazu präsentierte er Bildtafeln von einzelnen Bauwerken und akribisch schattierten Platzgrundrissen und Parkanlagen, die dank Stahlstichen einen sehr hohen Detaillierungsgrad und eine feine künstlerische Wirkung erreichten (Abb. 3). Er fügte auch großformatige, in verschiedenen Tonwerten abgestufte Farbabbildungen hinzu, so genannte Chromolithografien, die ein äußerst anspruchsvolles Druckverfahren erforderten [8].
1890 machte Josef Stübben in seinem vielbeachteten Grundlagenwerk «Der Städtebau» von den neusten drucktechnischen Errungenschaften Gebrauch, um das umfangreiche, sorgfältig konzipierte Plankonvolut und einige wenige perspektivische Ansichten zu reproduzieren. Sein Handbuch dokumentiert mit den direkt in den Text integrierten Fotografien und Halbton-Zeichnungen die inzwischen erreichten Fortschritte. Gleichsam markiert es den Übergang in eine neue bildmediale Ära, denn für ihren Druck kamen Zink-Hochätzungen aus den renommierten Bildanstalten von Carl Angerer & Göschl in Wien und Georg Meisenbach in München zum Einsatz, deren Experimente Anfang der 1880er Jahre zum lang erhofften Durchbruch in der fotomechanischen Reproduktion von Halbtönen im Buchdruck geführt hatten [9]. Es ist darum durchaus bemerkenswert, dass Stübben bereits in jenen Jahren von der neuartigen Technik profitierte [10]. Er setzte etwa autotypisch gerasterte Fotografien und Zeichnungen ein, um verschiedene städtische Klein- und Festarchitekturen ausnahmsweise perspektivisch, meist auch mit Menschen ausstaffiert zu zeigen. Camillo Sitte hatte in seiner im Jahr zuvor erschienenen Schrift «Der Städte-Bau» die Bilder noch anders gehandhabt: Er ließ vier Fotografien von monumentalen Bauwerken als hochwertige Heliogravüren separat einbinden, während er für die übrigen im Text gedruckten Ansichten und Pläne vermutlich auf den altbewährten Holzstich zurückgriff [11]. (Abb. 4)
Rolf Sachsse zufolge ergab sich «die medial größte Verschiebung im Angebot und Gebrauch fotografisch illustrierter Bücher aus der Möglichkeit, autotypisch gerasterte Bilder direkt in Bücher einzudrucken und nicht mehr als Fremdkörper einzukleben»[12]. Zu den ersten, mit Rasterbildern von hoher Qualität ausgestatteten Büchern hebt er das 1904/1905 bei Wasmuth erschienene Werk «Das englische Haus» von Hermann Muthesius hervor [13]. (Abb. 5) Mit qualitativ genauso hochstehenden Aufnahmen versehen kamen etwa zur gleichen Zeit, nebst den ersten Bänden von Schultze-Naumburgs Kulturarbeiten, auch weitere Bücher zum Städtebau heraus [14].
Nach der Jahrhundertwende trat allmählich eine Konsolidierung des technischen Fortschritts im Bilder- und Buchdruck ein. Eine Neuerung brachte aufnahmetechnisch die Luftfotografie. Sie eröffnete der Vermessungstechnik und Territorialplanung eine neue Dimension, was sich ab den 1920er Jahren sichtbar in der Städtebauliteratur niederschlug. Das Buch «Cours d’urbanisme» des französischen Geometers René Danger von 1933 dokumentiert das aufkommende Interesse an der Luftfotografie und deren konkreten Nutzen für die Planungstätigkeit beispielhaft [15]. Konsequent integrierte er Schrägaufnahmen von Stadtplätzen wie der Piazza San Marco und übertrug damit die fotografische Vogelschau systematisch auf die seit Camillo Sitte zum Klassiker avancierte Plandarstellung von städtischen Platzanlagen. (Abb. 6 und Abb. 7) Die Aufnahmen präsentierten eine neue, ungewohnte Sichtweise auf bislang kaum in einem Bild vereinte Aspekte wie Höhen und Tiefen, Baumassen und Leerräume oder Lichtverhältnisse.
Auch bezüglich der Anordnung der Abbildungen in den Büchern ist eine technische Entwicklung auszumachen: So erschienen die ersten bebilderten Städtebaubücher wie jenes von Alphand noch traditionell als Mappenwerke – eine «Zwischenform von Buch und Bild» [16] – die oft über längere Zeit als einzelne Texthefte und Bildtafeln herausgegeben, gesammelt und individuell gebunden wurden. Mit der Einteilung in getrennte Text- und Bildteile ließen sich außerdem Produktionskosten und somit auch die Buchpreise tief halten, was sich gerade für Lehrmittel anbot. Meistens versuchte man die Abbildungen jedoch an geeigneter Stelle in den Text einzufügen. Aus Qualitätsgründen wurden vor allem Fotografien oft separat auf gestrichenem Kunstdruckpapier gedruckt und als Einzelseiten eingebunden wurden, diese Differenzierung verlor in den 1920er Jahren aber allmählich an Bedeutung. (Abb. 8)
Erfahrung und Darstellung von Stadtraum
Grundsätzlich lassen sich die in der Städtebauliteratur vorkommenden Bildtypen in zwei Kategorien einordnen: in plangrafische, maßstabsgetreue Zeichnungen und räumlich-perspektivische Ansichten. In dieser groben Differenzierung kommt der Dualismus des Städtebaus als planerische Tätigkeit und räumlicher Tatbestand zum Ausdruck. Zugleich enthält sie die Frage nach dem für den Städtebau «richtigen» Darstellungsmodus.
Räumliche Ansichten wie Perspektivzeichnungen und Fotografien wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert zu einem beliebten Medium für die Sammlung von architektonischen Motiven und für die Darstellung von Entwurfsideen im kunsthistorischen Unterricht. Sie dienen vornehmlich als «Beweis», um die plastische Wirkung einer auf dem Papier erarbeiteten oder theoretisch erörterten Planung sowie stadträumliche Qualitäten zu belegen – sie visualisieren gewissermaßen real existierende oder antizipierte Situationen. Hierfür beispielhaft sind die Schriften des Franzosen Augustin Rey, der fotografische Aufnahmen oft am Ende einer zunächst anhand von Text, Diagrammen und Plänen entwickelten Argumentationskette einsetzte. Den abstrakten, auf wenige Elemente reduzierten Zeichnungen hielt er so ein konkretes, identifizierbares Bild entgegen [17]. (Abb. 9) Im programmatischen Vergleich von Plan und räumlicher Anschauung anhand perspektivischer Zeichnungen oder fotografischer Sequenzen und in der Visualisierung verbaler Äußerungen kommt klar das Bestreben zum Ausdruck, die zweidimensionale Planungstätigkeit und die dreidimensionale Raumerfahrung in Übereinstimmung zu bringen. (Abb. 10)
In solchen übergreifenden Darstellungsweisen spiegelt sich ein grundsätzliches Verständnis von Städtebau. Denn mehr noch als bei architektonischen Einzelwerken stellt sich im Städtebau die Frage, wie dessen vielschichtigen, nicht nur visuellen Aspekten Anschaulichkeit verliehen werden kann. Gerade bezüglich der sinnlich-subjektiven Wahrnehmung von Stadt- und Landschaftsräumen scheinen vor allem Fotografien ein geeignetes Darstellungsmittel zu sein. Sie haben den Vorteil, dass sie die Heterogenität plastischer Ensembles und deren Verhältnisse von Licht und Schatten, Höhen und Tiefen, Nähe und Ferne überaus detailreich und stimmungsvoll wiederzugeben vermögen.
Sie zeichnen eine dem Betrachter vertraute Seherfahrung nach, gleichzeitig steckt in den vermeintlich naturgetreuen Abbildern der Wirklichkeit auch ein erhebliches verführerisches Potential. Eben diese Vorzüge haben aber immer wieder Kritik hervorgerufen, denn der Reichtum an Details geht mitunter mit dem Verlust an Prägnanz einher, während zufällig ins Bild geratene oder nebensächliche Elemente plötzlich eine unbeabsichtigte, nur schwer kontrollierbare Aufmerksamkeit erhalten. Auch das ausschnitthafte, zentralperspektivische Sehen wurde wiederholt kritisiert.
Cornelius Gurlitt etwa lehnte Perspektivzeichnungen und Fotografien dezidiert ab und bezeichnete sie abwertend als «malerisch»: diese «Bilder und Bildchen» könnten das «Wesen städtebaulicher Kunst» nicht wiedergeben; es gehe dabei nicht um eine malerische, das heißt «auf einer Bildfläche» darstellbare Wirkung, sondern um eine plastische, deren «Reize im Umherwandeln» erkannt würden [18]. Den statischen Momentaufnahmen fehlt das dynamische Moment, das für die differenzierte Wahrnehmung einer räumlichen Situation unabdingbar sei. Im Unterschied zu einem Plan würden zudem unerwünschte Illusionen erzeugt.
Die Kontroverse um das «Malerische» im Städtebau prägte also sowohl die Frage der formalen Gestaltung des Stadtraums als auch dessen Darstellung. Sitte hatte mit dem Begriff die «Schönheiten des Stadtbaues» beschrieben [19], er wurde vor allem im Kontext der Stadtbaukunst rege diskutiert. Es ist daher kein Zufall, dass in Städtebauschriften häufig dann perspektivische Ansichten und Fotografien zum Einsatz kommen, wenn von künstlerischen Aspekten oder von «Schönheit» die Rede ist. Für einen Höhepunkt malerischer Darstellungen im doppelten Sinn sorgten sicher Schultze-Naumburgs Fotografien, die er oft sogar noch mit dem Pinsel retuschierte [20] (Abb. 11).
Für Gurlitt konnte «die Schönheit eines städtebaulichen Entwurfes» allenfalls durch ein «Modell, vielleicht selbst noch durch eine Vogelperspektive» erläutert werden, auf perspektivische Ansichten verzichtete er ansonsten ganz bewusst. Lage-, Grundriss- und Schnittpläne waren seiner Meinung nach die dem Städtebau wie auch der Architektur angemessene Darstellungsform [21]. Sie geben genaue, mess- und vergleichbare Verhältnisse wieder und ermöglichen die Trennung von Wesentlichem und Unwesentlichem, indem einzelne Elemente je nach Zweck und Absicht bewusst gezeigt, vereinfacht, mit Symbolen ersetzt oder weggelassen werden können. Dies setzt selbstverständlich entsprechende Lesefähigkeiten und die richtige Interpretation der dargestellten Merkmale voraus.
Tatsächlich sind fotografierte Stadt- und Landschaftsbilder oft schwierig zu lesen. Sogar Schultze-Naumburg scheint das geahnt zu haben, da er es immerhin für nötig hielt, seinen Aufnahmen zur Orientierung jeweils kleine, schematische Grundrisse beizufügen. Auch Gurlitt ließ trotz seines strengen Diktums Ausnahmen gelten, etwa, wenn es um die Darstellung der Tiefenwirkung einer Straße ging. Offenbar fand er in diesem Fall eine das Auge ansprechende, weniger abstrakte Darstellungsweise angebracht [22].
Nur wenige Autoren lehnten bestimmte Darstellungsformen so kategorisch ab wie Gurlitt, die meisten bedienten sich des gesamten Spektrums und entwickelten die Konventionen je nach Absichten und Möglichkeiten fortlaufend weiter. Mit den Büchern von Alphand, Stübben Sitte lagen erste umfangreiche, systematisch zusammengestellte Mustersammlungen von verschiedenen Platzgrundrissen und Straßenprofilen vor [23]. Im Bereich der Fotografie mussten entsprechende Vorlagen und Konvolute zuerst noch erarbeitet und druckfähig gemacht werden. Im 19. Jahrhundert hatte das Augenmerk vorwiegend der Inszenierung bekannter architektonischer Einzelmonumente gegolten.
Erst nach der Jahrhundertwende rückte mit der Debatte über die Stadtbaukunst und Denkmalpflege allmählich der Stadt- und Landschaftsraum in den Fokus. Mit Aufnahmen wie jenen von Robinson, Schultze-Naumburg und Albert Erich Brinckmann entstanden schließlich erste methodisch angelegte, fotografische Motivsammlungen [24]. Dabei ging es nicht um pittoreske Postkartensujets, sondern in erster Linie um präzise städtebauliche Aussagen. Exemplarisch veranschaulicht dies Robinsons Fotostrecke, die eine breite Palette typischer städtebaulicher Elemente – Plätze, Squares, Parkanlagen, Baugruppen, Geschäftshochhäuser, Bahnhöfe, Brücken, Uferwege, Boulevards, Wohnstrassen, Tore, Brunnen und Verkehrsinseln – vorstellt.
Die Verfügbarkeit von Abbildungen wurde durch neue technische Möglichkeiten und den internationalen Handel stetig erweitert [25]. Die Nachfolger von Alphand, Stübben, Sitte oder Schultze-Naumburg konnten auf deren Quellen aufbauen, Vorlagen unverändert übernehmen oder den eigenen Vorstellungen und ortspezifischen Bedingungen anpassen. Im Lauf der Jahrzehnte kamen so viele neue Beispiele und Themen hinzu, auch neue Maßstäbe und Bildtypen, wie zum Beispiel die Fotocollage. (Abb. 12, Aufmacherbild)
Die Autoren verwendeten in ihren Schriften nicht nur kompilatorisch bereits bekannte Vorlagen und Motive, sie ließen auch deutlich den Anspruch erkennen, dem bestehenden, allgemein verbreiteten Abbildungskorpus neue Beispiele aus eigenen Skizzen und Projekten hinzuzufügen und auf diese Weise neue Zukunftsbilder zu entwerfen. Unabhängig vom gewählten Bildtypus, Maßstab und Motiv verfolgten sie mit der Präsentation von Plänen, perspektivischen Ansichten, Diagrammen und Tabellen alle dasselbe Ziel: ein Bild ihrer Vorstellung von Stadt und Städtebau zu vermitteln und mit diesem «Bild, indem es etwas zu sehen gibt, [...] sichtbare Einsichten» [26] zu geben.
Der Essay ist eine gekürzte, überarbeitete Fassung des Textes «Sichtbare Einsichten», publiziert in: Manuale zum Städtebau. Die Systematisierung des Wissens von der Stadt 1870–1950, hg. von Vittorio Magnago Lampugnani, Katrin Albrecht, Helene Bihlmaier und Lukas Zurfluh, Berlin 2017.
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